Trigger des vermeidenden Bindungsstils und Selbstregulation

Selbstregulation zu verstehen und sie in den passenden Momenten einsetzen zu können, ist eine wichtige Fähigkeit. Erwachsene mit einem vermeidenden Bindungsstil können jedoch Schwierigkeiten damit haben.

Nach dem Lesen dieses Artikels wirst du in der Lage sein, folgende Fragen zu beantworten:

  • Was ist Selbstregulation?
  • Wie reagiert jemand mit sicherer Bindung auf emotionale Trigger?
  • Wie entwickelt sich vermeidende Bindung in der Kindheit?
  • Warum sind vermeidende Kinder nicht in der Lage, ihre Emotionen auf gesunde Weise zu regulieren?
  • Wie könnte ein vermeidender Erwachsener auf Situationen reagieren, die ihn triggern?
  • Wie kann man sich auf gesunde Weise selbst regulieren, wenn man einen vermeidenden Bindungsstil hat?

Jeder von uns erlebt täglich eine Vielzahl von positiven und negativen Emotionen, besonders in Beziehungen. Ob sie gesund und harmonisch oder leicht problematisch sind, Beziehungen können emotionale Achterbahnen sein.

Manchmal ist das Leben wunderbar und man spürt Schmetterlinge im Bauch, wie in einer Achterbahn. An anderen Tagen können die Emotionen überwältigend sein, so als ob die Achterbahn außer Kontrolle geraten wäre.

Emotionen können wie ein Kompass sein, der uns in die richtige Richtung und zu den richtigen Entscheidungen im Leben führt. Manchmal können sie jedoch so überwältigend werden, dass wir auf ungesunde Weise reagieren. Zu verstehen, wie man seine Emotionen und Handlungen selbst reguliert, ist eine wichtige Fähigkeit.

Dein Bindungsstil kann deine Fähigkeit zur Selbstregulation beeinflussen und wir schauen uns in diesem Artikel an, wie das aussehen kann.

Was ist Selbstregulation?

Selbstregulation ist die Fähigkeit, deine Emotionen und die Handlungen, die du als Reaktion darauf unternimmst, entsprechend der jeweiligen Situation zu kontrollieren. Diese Fähigkeit ist der Schlüssel zur erfolgreichen Aufrechterhaltung gesunder Beziehungen, zur Problemlösung bei Konflikten und zu einem stabilen Selbstbewusstsein.

Was viele Menschen nicht wissen, ist, dass unsere Fähigkeit, unsere Emotionen zu kontrollieren und darauf zu reagieren, von unserem Bindungsstil beeinflusst wird. Daher ist es wichtig, zu verstehen, wann wir unseren Emotionen vertrauen sollten, und ebenso wichtig zu wissen, wann unser Bindungsstil unsere Selbstregulation beeinflusst.

Der sichere Bindungstyp

Auch wenn eine sichere Bindung nicht bedeutet, dass man seine Emotionen vollständig kontrollieren kann, sind sicher gebundene Menschen in der Regel in der Lage, sich auf gesunde Weise selbst zu regulieren. Das heißt, sie sind empathisch und sensibel für die Gefühle anderer und können angemessene Grenzen setzen.

Dies führt dazu, dass sicher gebundene Menschen sich in ihren intimen Beziehungen eher emotional sicher und zufrieden fühlen. Sie fühlen sich wohl in einer Partnerschaft, sind aber auch selbstsicher genug, um allein zu sein.

Hier sind 6 mögliche Reaktionen einer sicher gebundenen Person auf eine emotional herausfordernde Situation:

  • Mit ihren Liebsten über ihre Gefühle sprechen
  • Ihre Gedanken und Gefühle aufschreiben
  • Meditation oder Therapie ausprobieren
  • Sport treiben, um Stress abzubauen und Endorphine freizusetzen
  • Bewusst ihre Gedanken wahrnehmen, wenn sie emotional sind
  • Sich aus einer emotionalen Situation zurückziehen, wenn diese unkontrollierbar wird

Die Art und Weise, wie jemand mit einem vermeidenden Bindungsstil sich selbst reguliert, kann jedoch ganz anders aussehen.

Bitte denk immer daran, dass Bindungsstile oft fälschlicherweise als definitiv angesehen werden. Auch wenn sie stabile Merkmale aufweisen, bedeutet das nicht, dass du automatisch alle Kriterien erfüllst, nur weil du diesen Bindungsstil hast. Bleib offen dafür, dass einige Aspekte auf dich zutreffen könnten, andere aber vielleicht nicht.

Der vermeídende Bindungsstil

Wie entwickelt sich die vermeidende Bindung in der Kindheit?

Menschen mit einem vermeidenden Bindungsstil sind möglicherweise in einer Umgebung aufgewachsen, in der ihre Bedürfnisse von ihrer Bezugsperson nicht erfüllt wurden, oder zumindest nicht so, wie das Kind es sich gewünscht hätte.

Obwohl es wahrscheinlich nicht absichtlich passiert ist, waren die Bezugspersonen möglicherweise emotional nicht verfügbar für ihr Kind, vermieden Emotionen und Intimität und zogen sich eventuell zurück, wenn das Kind nach Nähe suchte.

Die Bezugspersonen haben das Kind möglicherweise davon abgehalten, Gefühle auszudrücken, sowohl positive als auch negative. Dies geschah möglicherweise, weil sie sich von den Emotionen des Kindes überfordert fühlten und sich verschlossen haben.

Da das Kind ein tiefes inneres Bedürfnis nach Nähe zu seiner Bezugsperson hat, reagiert es auf den Mangel an Wärme und Nähe möglicherweise damit, dass es aufhört, Nähe zu suchen oder seine Gefühle auszudrücken.

Infolgedessen lernen diese Kinder, ihre Emotionen durch Selbstberuhigungstechniken zu bewältigen und ihre Gefühle zu unterdrücken, sodass sie nach außen hin nicht gestresst erscheinen. Indem sie nicht weinen oder ihre Gefühle offen zeigen, erfüllen sie zumindest eines ihrer Bedürfnisse, nämlich körperlich in der Nähe ihrer Bezugsperson zu sein.

Ungesunde Wege, wie jemand mit vermeidender Bindung nach einer emotionalen Situation versuchen könnte, sich selbst zu regulieren:

  • Konzentration auf Dinge, die er oder sie kontrollieren kann, wie Karriere oder Lebensziele
  • Unangenehme Gefühle werden einfach verdrängt
  • Keine Unterstützung von Nahestehenden suchen, selbst wenn sie sie bräuchten
  • Schmollen oder Meckern statt direkt um Unterstützung zu bitten
  • Präventive Strategien wie das Beenden einer Beziehung

Erwachsene mit vermeidender bzw. abweisender Bindung regulieren sich immer noch auf ungesunde Weise selbst.

Sie könnten sich durch emotionale Trigger in Beziehungen oder sogar bereits beim Dating bedroht fühlen. Wenn ein Partner versucht, ihnen emotional näherzukommen, kann es passieren, dass sie ihre Gefühle unterdrücken, oder sogar aus der Situation flüchten. Das bedeutet nicht, dass sie ihren Partner nicht lieben, aber als Kind wurde ihnen beigebracht, dass der Ausdruck von Gefühlen etwas Schlechtes ist. Daher reagieren sie auf Umstände außerhalb ihrer Komfortzone, indem sie sich zurückziehen.

Wenn eine Beziehung emotional zu herausfordernd wird, greifen sie möglicherweise zu präventiven Strategien wie dem Beenden der Beziehung, um sich Raum zu verschaffen, mit ihren Gefühlen umzugehen.

Solches Verhalten ist für eine intime Beziehung sehr schädlich. Es ist daher offensichtlich, dass Personen mit einem vermeidenden Bindungsstil lernen müssen, sich gesünder selbst zu regulieren, wenn sie gesunde Beziehungen aufbauen und aufrechterhalten wollen.

Mit etwas Übung kann es gelingen, die Kontrolle über die eigenen Emotionen zu erlangen. Offen für Kommunikation zu sein, den inneren Kritiker herauszufordern und eine Therapie in Betracht zu ziehen, kann dabei helfen, Emotionen gesund und konstruktiv zu bewältigen.

Selbstregulation, wenn man einen vermeidenden Bindungsstil hat

Selbstregulation bedeutet, dass du deine Emotionen und Handlungen im Hinblick auf deine langfristigen Ziele steuerst. Im Grunde bedeutet es, nachzudenken, bevor du handelst. Das heißt, du musst verstehen, was dich triggert, und wie du normalerweise emotional reagieren würdest.

8 mögliche emotionale Trigger (Auslöser) für Erwachsene mit vermeidender Bindung:

  • Ein Partner möchte zu nahe kommen
  • Ein Partner möchte sich emotional öffnen
  • Unvorhersehbare Situationen oder das Gefühl, die Kontrolle zu verlieren
  • Abhängig von anderen sein müssen
  • Das Gefühl, dass die Beziehung zu viel Zeit in Anspruch nimmt
  • Von geliebten Menschen kritisiert werden
  • Das Gefühl, für Emotionen verurteilt zu werden
  • Der Partner verlangt nach Aufmerksamkeit

Jeder dieser Trigger könnte dazu führen, dass der vermeidende Bindungspartner beginnt, sich aus der Beziehung zurückzuziehen. Eine ebenfalls häufig genutzte Strategie ist, die Gefühle einfach zu unterdrücken und sich z.B. mit Arbeit oder etwas anderem abzulenken.

Gesunde Selbstregulation bei einem vermeidenden Bindungsstil könnte bedeuten:

  • Widerstehen, die Emotionen zu unterdrücken
  • Die eigenen Bedürfnisse und Wünsche den geliebten Menschen mitteilen
  • Sich erlauben, anderen zu vertrauen
  • Sich erlauben, von anderen abhängig zu sein

Tipps für Erwachsene mit vermeidender Bindung zur gesunden Selbstregulation

Nimm dir persönlichen Raum, wenn du ihn brauchst

Für Menschen mit vermeidender Bindung in einer Beziehung wird sich wahrscheinlich ihr Bedürfnis nach persönlichem Raum nicht ändern und das ist in Ordnung. Sich emotionalen Raum in einer Beziehung zu nehmen, wenn ein Konflikt zu eskalieren droht, ist wahrscheinlich das Konstruktivste, was man tun kann, und es kann sogar dazu beitragen, dass die Beziehung wächst.

Wenn du spürst, dass sich ein Streit anbahnt, oder du auf andere Art spürst, dass dein Bindungsstil getriggert wird und du Abstand brauchst, versuch es deinem Partner ganz in Ruhe zu sagen.

Wichtig ist dabei auch den Bindungsstil deines Partners zu respektieren. Bei einer sicher gebundenen Person wirst du mit deiner Bitte nach Freiraum sehr wahrscheinlich auf Verständnis stoßen. Hast du einen Partner mit ängstlichem Bindungsstil, kann deine Bitte der Auslöser für seine emotionalen Trigger sein. Das liegt daran, dass ängstlich gebundene Menschen die Nähe zu anderen suchen, und der Ausdruck eines Bedürfnisses nach Raum kann der Auslöser für ihre Ängste sein.

Sei offen in deiner Kommunikation

Im Grunde hat jemand mit vermeidender Bindung Angst davor, starke Emotionen auszudrücken oder außer Kontrolle zu wirken. Daher ist es entscheidend, in einer Beziehung offen und ehrlich über Dinge sprechen zu können, um die Emotionen gemeinsam zu regulieren.

Beide Partner sollten auf klare Kommunikation achten, damit sie Bedenken sicher und ohne Urteil äußern können. Mit der Zeit werden Erwachsene mit vermeidender Bindung lernen, dass es besser ist, über ihre Gefühle zu sprechen, als sie in sich hineinzufressen.

Stell dich deiner Selbstkritik

Menschen mit vermeidendem Bindungsstil haben meist das Gefühl, dass sie abgelehnt werden, wenn sie Emotionen ausdrücken oder zeigen. So passiert es, dass sie damit beginnen sich abzuschotten, wenn Emotionen ins Spiel kommen oder entstehen.
Ein guter Anfang ist es, diese Gedanken herauszufordern. Dazu muss sich der Betroffene bzw. die Betroffene über diese Gendanken im Klaren werden und realisieren, dass sie der Auslöser für das vermeidende Verhalten sind.

Im zweiten Schritt ist es dann nach und nach möglich, diesen Gedanken zu widersprechen. Ein oft hilfreiche Strategie ist, sich an Zeiten zu erinnern, in denen genau das Gegenteil der Gedanken der Fall war.

Wenn du beispielsweise denkst, dass du dich auf niemanden einlassen kannst und dein Gegenüber dich eh nur enttäuschen wird, kannst du versuchen an eine Zeit oder eine Situation zu denken, in der jemand für dich da war.

Ist das bisher nicht der Fall gewesen, kann es helfen, dir klarzumachen, dass du nicht weißt, was die Zukunft bringen wird. Natürlich ist es möglich, dass ein neuer Partner dich enttäuschen wird, es ist aber genauso gut möglich, dass es nicht passiert. Die negativen Gedanken, die durch den vermeidenden Bindungsstil ausgelöst werden sind nur in deinem Kopf, sie versuchen dich auf Basis deiner Erfahrungen zu schützen, das muss aber nicht bedeuten, dass es auch wirklich so kommt.

Therapie ausprobieren

Therapie ist eine hervorragende Möglichkeit für dich, deine ungesunden Wege der Selbstregulation zu erkennen und zu verstehen, warum du sie anwendest. Gemeinsam mit einem Therapeuten kannst du deine Bindungsauslöser aufarbeiten und gesunde Wege finden, mit deinen Emotionen umzugehen, die weder dir noch deiner Beziehung schaden.

Sollten alle Versuche deine Trigger zu erkennen und deine Gefühle selbst zu regulieren fehlschlagen, kann eine Therapie den entscheidenden Unterschied machen.