Du willst herausfinden, welchen Bindungsstil du oder dein Partner haben und bist auf der Suche nach einem Quiz, das dir dabei hilft? Ich verrate dir, es geht auch viel einfacher und es ist erstaunlich, wie zielsicher sich der Bindungsstil mit nur zwei Fragen herausfinden lässt.
Ich habe mehr als nur ein solches Quiz gemacht und zu oft, habe ich bei einigen der Fragen grübelnd vor dem Laptop gesessen und nicht gewusst, wie ich darauf antworten soll. Dann habe ich viel über das Vier-Kategorie-Model von Kim Bartholomew und Lenard Horowitz gelesen. Dieses Model besagt, dass die vier Bindungstypen (ängstlich, vermeidenden, desorganisiert und sicher) mit genau zwei Fragen bestimmt werden können und diese beiden Fragen sind:
Hat die Person ein grundsätzlich positives oder negatives Selbstbild und hat die Person ein grundsätzlich positives oder negatives Bild von anderen Menschen?
Für beide Fragen gibt es nur die Antwortmöglichkeiten Positiv oder Negativ und daraus ergeben sich genau vier mögliche Kombinationen.
Zwei-Fragen-Bindungstyp-Test
Starten wir also mit der Beantwortung der beiden Fragen und ich erkläre dir auch gleich, wie ich diese beiden Frage deute und worauf ich bei meiner Antwort achten würde.
1. Hast du ein positives oder negatives Selbstbild?
2. Hast du ein positives oder negatives Bild von anderen Personen?
Für mich geht es bei den beiden Fragen ganz klar um Vertrauen. Vertraue ich mir selbst, dass ich in der Lage bin meine Bedürfnisse zu erfüllen und vertraue ich darauf, dass andere Personen z.B. mein Partner in der Lage sind meine Bedürfnisse zu erfüllen und mir ein gutes und sicheres Gefühl zu geben.
Auf Basis deiner Antworten kannst du in der folgenden Grafik einordnen, welchen Bindungsstil du, oder die Person, um die es geht, hat.
Sicherer Bindungstyp
Ein positives Selbstbild und ein positives Bild von anderen Personen spricht für einen sicheren Bindungstyp. Menschen mit einem sicheren Bindungsstil fühlen sich in einer intimen Situation wohl und sicher, haben aber auch kein Problem damit auf sich selbst gestellt zu sein. Sie wissen, dass sie sich auf andere und auf sich selbst verlassen können, wenn es darum geht, ihre Bedürfnisse zu erfüllen.
Ängstlicher Bindungstyp
Ein negatives Selbstbild in Kombination mit einem positiven Bild von anderen Personen spricht für den ängstlichen Bindungsstil. Menschen mit ängstlicher Bindung können sich nicht auf sich selbst verlassen, wenn es um die eigenen Bedürfnisse geht und brauchen den Zuspruch und die Aufmerksamkeit von anderen, um sich gut zu fühlen. Dieses Verhalten kann zu Klammern und emotionaler Abhängigkeit führen.
Vermeidender Bindungstyp
Vermeidende Bindungstypen sind sich in aller Regel sicher, dass sie ihre Bedürfnisse selbst sehr gut erfüllen können, vertrauen anderen Personen oder romantischen Partnern in dieser Hinsicht aber nicht. Vermeidende Bindungstypen verlassen sich lieber auf sich selbst als auf andere und das kann so weit gehen, dass sie regelrecht Angst vor emotionaler Bindung entwickeln und vor Beziehungen flüchten.
Desorganisierter Bindungstyp
Vertraut eine Person weder sich selbst noch anderen, wenn es um die Erfüllung ihrer Bedürfnisse geht, kann es sich tatsächlich, um die sogenannte desorganisierte Bindung handeln. Dieser Bindungsstil ist selten und wird meist durch frühes Kindheitstraum ausgelöst. Es entsteht eine schwierige Kombination aus einem sehr niedrigen Selbstbewusstsein und einem hohen Maß an Bindungsangst.
Wie geht es jetzt weiter?
Ich bin ein großer Fan dieser sehr vereinfachten Herangehensweise an das Thema Bindungstheorie geworden, weil dieser Ansatz auch relativ einfach Rückschlüsse darauf ziehen lässt, was der Betreffende tun kann, um seinen Bindungsstil zu ändern, falls er oder sie das will.
So sollte jemand mit einem ängstlichen Bindungsstil in allererster Linie darauf achten, an seinem Selbstbild zu arbeiten. Das Ziel kann z.B. sein, sich als vollständige Person zu betrachten, die absolut in der Lage ist, für sich und seine Bedürfnisse einzustehen und dafür zu sorgen, dass sie erfüllt werden und das möglichst unabhängig von anderen Personen.
Natürlich ist das nicht ganz einfach, aber zu lernen sich selbst zu vertrauen und alleine klarzukommen ist der richtige Weg, um den ängstlichen Bindungsstil hinter sich zu lassen und sicherer in seiner Bindung zu werden.
Der Gegensatz dazu sind Menschen mit vermeidendem Bindungsstil, der dadurch gekennzeichnet ist, dass nur selten Hilfe annehmen und generell nicht darauf vertrauen, dass andere Menschen ihre Bedürfnisse erfüllen können. Das Ziel ist hier, das Bild, das derjenige oder diejenige von anderen hat, zu verändern und z.B. seinem Partner zu vertrauen und sich auf ihn zu verlassen.
Eine sehr einfache Herangehensweise könnte sein, die Kontrolle über passende Situationen abzugeben und sie seinem Partner zu überlassen, um dann zu beobachten, wie es dem Betroffenen damit geht. Sollte dir die Situation nicht gefallen, kannst du sie danach ganz in Ruhe mit deinem Gegenüber besprechen.
Ein desorganisierter Bindungstyp ist die Kombination aus ängstlich und vermeidend und vertraut weder sich noch anderen. Diese Kombination ist nicht besonders häufig und wird sehr oft durch frühkindliches Trauma ausgelöst. Da desorganisierte Bindungstypen im Grunde in beide Richtungen zu kämpfen haben, kann es helfen zuerst ein ganz grundsätzliches Gefühl von Sicherheit aufzubauen und das nur jetzt und in diesem Moment.
Es ist vielleicht nicht alles okay, aber es geht mir gut, ich bin nicht in Gefahr und es kann mir gerade nichts passieren. Was ein bisschen klingt wie ein Mantra, kann dabei helfen, sich nicht dauernd unwohl und unter Stress gesetzt zu fühlen.
Hintergrundinformationen zur Bindungstheorie
So spannend das Thema Bindungstheorie auch ist und so großartig dieses sehr vereinfachte Vier-Kategorie-Model auch funktioniert, du musst immer bedenken, dass das Leben eben doch komplexer ist. Klar kannst du dich oder deinen Partner mit diesem einfachen Quiz einem der Bindungstypen zuordnen, aber das bedeutet nicht, dass die Person, um die es geht, immer und nur passend zu seinem Bindungstypen agiert.
Manche Menschen sind grundsätzlich sicher in ihren Bindungen gewesen, zeigen aber bei ihrem aktuellen Partner leicht ängstliche oder vermeidende Tendenzen. Jemand, der sich mit sich und seinem Bindungsstil beschäftigt und lernt, wie sein Verhalten zu verstehen ist, kann von einem unsicheren Bindungstypen zu einem sicheren Bindungstypen werden.
Auch die Wissenschaft hat gezeigt, dass ein Mensch durchaus mehr als einen Bindungsstil haben kann und dass es auch von den Menschen abhängt, mit denen er gerade interagiert. Es ist also immer nur eine Momentaufnahme und absolut möglich, seinen Bindungstyp zu ändern.
In diesem Zusammenhang ist auch wichtig zu bedenken, dass unser Bindungsstil nicht unsere Schuld ist. Einige Menschen sind von Natur aus ängstlicher oder vermeidender in ihrer Bindung, aber der Bindungsstil wird am allermeisten durch unser frühkindliches Umfeld geprägt.
Damit will ich natürlich nicht sagen, dass wir unseren Eltern die Schuld geben sollten, denn unser Bindungsstil ist auch nicht unser Schicksal. Das Verhalten und die Muster in unserer Bindung sind real, aber nur weil das gerade der Fall ist, bedeutet nicht, dass es so bleiben muss.
Quellen:
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/1920064/