Wie eine ängstliche Bindung das Dating beeinflusst

Dating oder auch eine Beziehung mit einer Person mit ängstlichem Bindungsstil fängt oft gut an. Ängstliche Bindungspersonen sind in der Regel fürsorglich und liebevoll, und sie möchten so viel Zeit wie möglich mit demjenigen verbringen, den sie gerade kennengelernt haben.

Sie werden aber auch sehr früh nach Bestätigung suchen und selbst wenn sie diese Bestätigung von dir bekommen, werden sie vermutlich nicht zufrieden damit sein. Es kann schnell passieren, dass sich die anfängliche Fürsorge und Zuneigung anhänglich und erdrückend anfühlt.

Kommt dir das bekannt vor? Falls ja, dann ist es gut möglich, dass du jemanden mit einem ängstlichen Bindungsstil kennengelernt hast.

Aber was ist ängstliche Bindung, und was bedeutet sie für eine Beziehung, wenn jemand sie hat? Es ist egal, ob du jemanden kennengelernt hast, der einen ängstlichen Bindungsstil hat oder du selbst dieser Bindungstyp bist und gerade dabei bist neue Menschen kennenzulernen, dieser Artikel soll dir einen Einblick darüber geben, wie Dating für Menschen mit ängstlicher Bindung ist und wie es leichter für sie werden kann.

Jemanden mit ängstlicher Bindung beim Dating erkennen

Ein kurzes Wort der Warnung: Der Bindungsstil ist nicht immer einfach zu erkennen und er bildet auch immer ein Spektrum. Niemand ist nur ängstlich oder nur vermeidend in seiner Bindung und besonders bei Menschen, die man noch nicht besonders gut kennt, sollte man nicht voreilig sein mit seinem Urteil.

Trotzdem gibt es einige Charakterzüge, die bereits in den frühen Phasen des Kennenlernens auf einen ängstlichen Bindungsstil oder zumindest Tendenzen hindeuten können.

Menschen mit ängstlicher Bindung sind oft sensibel

Menschen mit einem ängstlichen Bindungsstil reagieren in der Regel überempfindlich auf jede Andeutung von Ablehnung. Das könnte z.B. bedeuten, dass sie Gesagtes, negativer auffassen, als es beabsichtigt war.

Selbst vermeintliche Kleinigkeiten können zu schlechter Laune führen und den ängstlichen Bindungsstil triggern.

Überanalyse von Kleinigkeiten

Egal, was du sagst, in welchem Ton du es gesagt hast oder es ist etwas, das du getan bzw. nicht getan hast. Eine Person mit ängstlicher Bindung wird alles auf Hinweise hin analysieren, die darauf hindeuten könnten, dass du die Beziehung vielleicht doch nicht möchtest oder weniger möchtest als sie.

Eine verspätete Antwort auf eine Textnachricht ist ein ganz beliebtes Thema und kann zum Beispiel zu einer wütenden Reaktion führen. Oft sind es wirkliche Kleinigkeiten, die einen ganzen Strudel an Gedanken auslösen können.

Vertrauen fällt ihnen schwer

Menschen mit einer ängstlichen Bindung fällt es oft schwer, ihren Partnern zu vertrauen, und sie befürchten, dass diese sie anlügen oder betrügen könnten.

Diese Schwierigkeiten können sich in sehr schädlichen Verhaltensweisen äußern, wie z.B. das Überprüfen des Telefons auf Nachrichten oder sogar dem Partner hinterherzuspionieren.

Niedriges Selbstwertgefühl

Da die emotionalen Bedürfnisse eines ängstlichen Bindungstypen in den ersten Lebensjahren von seinen primären Bezugspersonen nur wenig erfüllt wurden, hat er oft das Gefühl, der Liebe und Zuneigung seines Partners nicht würdig zu sein.

Sie neigen auch dazu, andere Menschen wichtiger einzuschätzen als sich selbst und sie sozusagen auf ein Podest zu stellen. Dieses geringe Selbstwertgefühl, gepaart mit der Angst, verlassen zu werden, führt dazu, dass ängstliche Bindungstypen ihre eigenen Bedürfnisse in einer Beziehung zugunsten der Bedürfnisse ihres Partners zurückstellen.

Sie opfern sich selbst auf, um andere Menschen glücklich zu machen. Leider bedeutet diese Eigenschaft auch, dass ängstliche Bindungstypen dazu neigen, Partner anzuziehen, die sie ausnutzen könnten.

Sie sind anfällig für Eifersucht

Wenn du bis hierhin gelesen hast, dann dürfte dieser Punkt eigentlich keine große Überraschung sein. Die Kombination von geringem Selbstwertgefühl und Vertrauensproblemen bedeutet, dass ein bindungsängstlicher Partner sehr vermutlich dazu neigen wird, andere Personen als Bedrohung anzusehen.

Am deutlichsten wird die Eifersucht, wenn du beispielsweise einen neuen Kollegen oder eine neue Kollegin hast. Es kann aber auch passieren, wenn du Zeit mit jemandem verbringst, den du schon vorher kanntest.

Sie brauchen viel Zuspruch

Da es ängstlichen Bindungstypen extrem schwerfällt, Vertrauen zu fassen, und sie das Gefühl haben, der Aufmerksamkeit des Partners nicht würdig zu sein, werden sie wahrscheinlich wiederholt um Bestätigung bitten.

Häufig sind dann z.B. nachfragen, was du an ihnen magst oder einfach nur eine banale Frage per Nachricht, wenn mehr als ein paar Stunden kein Kontakt bestanden hat.

Sie tun alles, um andere glücklich zu machen

Genau genommen hatten wir diesen Punkt schon, aber er ist enorm wichtig. Menschen mit einem ängstlichen Bindungsstil neigen dazu, von anderen Menschen mehr zu halten als von sich selbst.

Das geringe Selbstwertgefühl, in Kombination mit der ständigen Sorge, dass der Partner sie verlassen könnte, bedeutet, dass sie die Bedürfnisse ihres Partners oft an erste Stelle setzen. Oft führt genau dieses Verhalten dazu, dass sie sich besonders schlecht bzw. ängstlichen fühlen, denn sie tun doch alles, um den anderen glücklich zu machen, aber irgendwie kommt da nicht das zurück, was sie wollen oder vielleicht auch nicht in dem Ausmaß, in dem sie es gerne hätten.

Das Resultat, des sogenannten People Pleasing ist dann oft Frust, Eifersucht und führt auch nicht selten zu Streit und Beziehungsproblemen.

Was verursacht einen ängstlichen Bindungsstil?

Die Bindungstheorie besagt, dass wir als sehr kleine Kinder (in der Regel zwischen der Geburt und 18 Monaten) eine besondere Beziehung zu der Person entwickeln, die sich am meisten um uns gekümmert hat. Das ist unsere erste Bezugsperson oder auch primäre Bezugsperson. Diese Beziehung bildet im sozusagen die erste Blaupause für alle unsere zukünftigen Beziehungen.

Wenn wir eine Kindheit hatten, in der unsere Bedürfnisse gut erfüllt wurden, haben wir eine sichere Bindung aufgebaut. Im späteren Leben fällt es sicheren Bindungspersonen in der Regel leichter, den Menschen zu vertrauen, denen sie nahe stehen, und sie haben das Gefühl, dass enge Beziehungen sicher sind und sich für sie lohnen.

Wurden unsere Bedürfnisse in der Kindheit jedoch nicht oder nur unzureichend erfüllt, führt dies zu einem unsicheren Bindungsstil. Infrage kommen hier der ängstliche, vermeidende oder desorganisierte Bindungsstil.

Eine ängstliche Bindung entsteht insbesondere dann, wenn Kinder unsicher sind, ob ihre Hauptbezugsperson für sie da sein wird, vor allem wenn sie sie wirklich brauchen. Diese Kinder machen sich z.B. unbewusst Sorgen, ob ihre Bezugsperson sie dauerhaft verlassen könnte.

Deshalb verwenden sie viel Energie darauf, sowohl ihre Umgebung als auch ihre Bezugsperson auf Anzeichen des Verlassenwerdens zu beobachten. Um sich zu vergewissern, dass das Kind die nötige Aufmerksamkeit bekommt, reagiert es möglicherweise mit Weinen oder einem Wutanfall auf ein solches Anzeichen.

Diese frühen Bindungsmuster sorgen dann später dafür, dass auf Anzeichen von Ablehnung, negative Reaktionen folgen. Ängstliche Bindungspersonen benötigen in der Regel ein hohes Maß an Bestätigung, Intimität und emotionaler Unterstützung durch ihre Partner, um sich geliebt und sicher zu fühlen.

Tipps zum Dating mit einem ängstlichen Bindungstypen

Betrachtet man die genannten Punkte, dann könnte man sich schnell die Frage stellen, ob es sich überhaupt lohnt, jemanden mit einem ängstlichen Bindungsstil zu daten bzw. eine Beziehung mit ihm oder ihr einzugehen.

Die Antwort lautet: Ja. Menschen mit ängstlicher Bindung haben vielleicht eine andere Sichtweise auf Beziehungen als Menschen mit sicherer Bindung, aber mit Zeit, Geduld und Liebe kannst du deinem ängstlichen Partner helfen, eine sichere Bindung zu erreichen.

Die folgenden Tipps können dir helfen zu verstehen, wie dein Partner mit einem ängstlichen Bindungsstil tickt und wie du ihn unterstützen kannst.

Den Partner besser verstehen

Wenn du vermutest, dass dein Partner einen ängstlichen Bindungsstil hat und du damit beginnst dich über dieses Thema zu informieren, dann hast du bereits einen großen Schritt gemacht, denn Verständnis für die Situation ist besonders wichtig.

Am besten liest du dich ein wenig in das Thema Bindungstheorie ein, damit du noch besser verstehen kannst, warum dein Partner so denkt und handelt, wie er es tut. Du kannst auch versuchen deinen eigenen Bindungsstil zu ermitteln, denn die Merkmale bestimmter Stile können die eines ängstlichen Partners in einer romantischen Beziehung entweder abschwächen oder verstärken.

Wichtig ist allerdings, dass auch bei allem Verständnis, dein Partner selbst dafür verantwortlich ist, diese Dinge in den Griff zu bekommen. Niemand kann jemand anderen reparieren.

Offene Kommunikation

Regelmäßige Kommunikation ist ein wichtiger Faktor, um Menschen mit einem ängstlichen Bindungsstil auf dem Weg zu einer sicheren Bindung zu helfen.

Dein Partner braucht eventuell viel Bestätigung, was der Grund dafür ist, dass er den ganzen Tag mit dir in Kontakt stehen möchte. Das kann ihm die Gewissheit geben, dass du an ihn denkst und es kann die Bindung in der Beziehung stärken.

Auch wenn es auf den ersten Blick aufwendig wirkt, kann es in der Realität eine einfache Nachricht sein: „Ich kann es kaum erwarten, dich später zu sehen“ oder „Die Arbeit ist heute so anstrengend. Wie geht es dir?“. So eine Nachricht ist in wenigen Sekunden geschrieben und kann für einen ängstlichen Partner viel bedeuten.

Positives Feedback

Wir hören doch alle gerne, wenn wir etwas richtig macht haben, oder? Komplimente oder ein einfaches Danke können einem ängstlichen Bindungstypen helfen, sich in Ihrer Beziehung gesehen und sicher zu fühlen.

So kannst du deinem Partner das Selbstwertgefühl stärken und ihm etwas Positives geben, auf das er sich konzentrieren kann, wenn er Zweifel an sich oder der Beziehung hat.

Beruhigende Worte

Beziehungsstress oder Streit wird Menschen mit ängstlicher Bindung stärker aktivieren.

Wenn du ihm in solchen Situationen versichern kannst, dass du an der Beziehung festhalten und ihn nicht verlassen wirst, wenn es Probleme gibt, kann dieses Verhalten deinem Partner das Gefühl geben, dass er Ihnen vertrauen kann.

Dabei muss es nicht mal eine große Erklärung sein. Ein einfaches „Ich stehe hinter dir“, wenn es Konflikte oder Schwierigkeiten gibt, kann bereits ausreichen, um die Lage zu entspannen.

Konsequent sein

Da der ängstliche Bindungsstil deines Partners wahrscheinlich aus einem Gefühl der Ungewissheit entstanden ist, ob seine Bezugspersonen in der Lage ist, für ihn da zu sein, wenn er sie braucht, ist es wichtig, dass du dich ihm gegenüber konsequent verhältst.

Achte beispielsweise darauf, dass du deine Versprechen einhältst, auch wenn sie dir vielleicht klein oder unbedeutend erscheinen. Für deinen Partner sind sie ein Zeichen für dein Engagement für ihn und die Beziehung.

Wenn du ein Versprechen oder etwas Ähnliches nicht einhalten kannst, lassen es deinen Partner entweder im Voraus wissen oder entschuldige dich und erklären ihm oder ihr, warum du nicht in der Lage warst Bescheid zu sagen. Außerdem ist Beständigkeit in der Art und Form der Zuneigung wichtig, denn Partner mit ängstlichem Bindungsstil können Veränderungen in diesem Bereich sehr deutlich wahrnehmen und schnell auf sich beziehen.

Grenzen kommunizieren

Vielleicht gibt es Tage, an denen es dir einfach nicht möglich ist, deinem Partner eine Nachricht zu schreiben, oder es ist dir unangenehm, Anrufe während Ihrer Arbeitszeit anzunehmen.

Denke immer daran, dass deine Grenzen genauso wichtig sind wie die deines Partners. Sag ihm oder ihr also offen, wozu du in der Lage bist, wozu nicht und was die Gründe dafür sind.

Die Bereitschaft, dem Partner zu gefallen

Wie bereits erwähnt, neigen Menschen mit einem ängstlichen Bindungsstil dazu, ihre eigenen Bedürfnisse zu unterdrücken, um dem anderen zu gefallen. Diese Tendenz kann dazu führen, dass dein Partner Menschen anzieht, die ihn ausnutzen wollen oder auch Dinge von dir akzeptiert, die eigentlich nicht okay sind.

Es liegt in deiner Verantwortung, dafür zu sorgen, dass du diese Eigenschaft des ängstlichen Bindungstypen nicht zu deinem eigenen Vorteil ausnutzt und dabei ist egal, ob bewusst oder unbewusst.

Hilf deinem Partner, seine Gefühle zu äußern

Eine der besten Möglichkeiten, Ängste abzubauen, ist es, seine Gefühle zu äußern.

Sprich also mit deinem Partner und erinnern ihn oder sie daran, dass er dir vertrauen kann und seine Ängste bei dir gut aufgehoben und sicher sind.

Wenn es deinem Partner schwerfällt über diese Dinge zu reden, kann ein Tagebuch helfen, dass er seine Ängste aus dem Kopf bekommt.

Eine Therapie starten

Wir alle haben mal schlechte Laune oder Angst, aber wenn dein Partner mit sehr starken Ängsten, einem extrem geringen Selbstwertgefühl und einer starken Angst verlassen zu werden zu kämpfen hat, ist es vielleicht ratsam, ihn oder sie zu einer Therapie zu bewegen.

Wenn sich die ängstliche Bindung sehr stark auf eure Beziehung auswirkt, könnten eine gemeinsame Paarberatung ebenfalls eine Option sein.

Fazit

Dating oder auch eine frühe Beziehung mit jemandem, der einen ängstlichen Bindungsstil hat, kann auf den ersten Blick sehr anstrengend wirken, das heißt aber nicht, dass es sich nicht lohnen würde. Ängstliche Bindungstypen sind in Beziehungen oft sehr liebevoll und großzügig, sodass die Zeit mit ihnen oft mit sehr viel Liebe und Spaß verbunden sein wird.

Obwohl Bindungsstile relativ stabil sind, kann sich ein geliebter Mensch mit Zeit, Geduld und Arbeit an sich selbst zu einem sicheren Bindungsstil hinentwickeln.

Ebenfalls wichtig ist, dass du dich um deine eigene psychische Gesundheit kümmerst. Wenn du unter anhaltendem Stress oder Ärger leidest, weil du versuchst den Bedürfnissen deines ängstlichen Partners gerecht zu werden und dabei selbst auf der Strecke bleibst, dann ist es Zeit ein offenes Gespräch zu suchen und diese Dinge zu adressieren.